Peter Salanki from San Francisco, USA - The bisexual pride flag Uploaded by Anastasiarasputin

Bisexuelle Männer: Existieren wir überhaupt?

Die Idee, dass Sexualität ein Spektrum ist, ist noch nicht lange akzeptiert. Es scheint absurd das selbst noch im Jahr 2020, bisexuelle Männer das Gefühl haben, unsere Existenz verteidigen zu müssen.
Australia, Oceania

Eine Geschichte von Hal Fulcher. Übersetzt von Veronica Burgstaller
Veröffentlicht am March 5, 2020.

Diese Geschichte ist auch verfügbar in GB br cn es it kr nl ru



Ein bisexueller Teenager zu sein war ein ständiges mit sich ringen. Als ich im Alter von 13 Jahren den Begriff „bisexuell“ zum ersten Mal hörte, hatte ich sofort ein „Aha!“ - Moment, lehnte jedoch die Idee gleichzeitig stark ab. "Ich mag Kristen in Mathe, ich bin hetero", sagte ich mir – um auf jeden Fall nicht an all die Jungs in meiner Klasse zu denken, zu denen ich mich hingezogen fühlte.

Ich wuchs in einer kleinen, ziemlich homophoben Stadt in Australien auf und diese Erziehung prägte die jahrelange Ablehnung der Attraktivität, die ich für Männer hatte. Während meine Freunde ihre ersten Beziehungen begannen, tat ich mein Bestes, so zu tun, als hätte ich gar keine Sexualität – in der Hoffnung, dass mein Leben zu einem normalen Alltag zurückkehren würde bevor die Pubertät begann. " Vielleicht wenn ich Harry Potter zum x-ten Mal lese und so tue, als wäre nichts falsch, kann ich es durchs Gymnasium schaffen." Das war im Jahr 2003 mein ungefährer innerer Monolog.

Erst in meinen Zwanzigern fühlte ich mich wohl genug zuzugeben – zuerst vor mir selber und dann auch vor anderen – dass ich bisexuell war. Nach dem Coming-out wurde es für mich definitiv einfacher und eine Last ist von mir gefallen. Dennoch ist die Identifizierung als Bisexueller weiterhin eine persönliche Hürde, wenn ich Beziehungen aufbauen oder von meinen Mitmenschen akzeptiert werden möchte. Manchmal frage ich mich, ob dies nur eine Folge meiner Kleinstadterziehung ist. Mit 22 Jahren zog ich weg aus Australien und habe in der Zwischenzeit in mehreren, viel offeneren, europäischen Hauptstädten gelebt. Jedoch, überraschen mich manchmal weiterhin die hochgezogenen Augenbrauen und das Misstrauen von Heterosexuellen sowie Homosexuellen, wenn ich sage, dass ich bisexuell bin. In der Vergangenheit haben mich heterosexuelle Frauen abgelehnt, da sie mich vorwiegend als schwul sahen, während schwule Männer behaupteten, ich würde sie irgendwann für eine Frau verlassen.

Dieses Gefühl, weder der heterosexuellen noch der homosexuellen Gemeinschaft anzugehören, wurde in einem Bericht des Center for American Progress aus dem Jahr 2018 bedeckt, in dem bestätigt wurde, dass es Bisexuellen in einer Reihe von sozialen und gesundheitlichen Bereichen schlechter geht als heterosexuellen und homosexuellen Menschen. Während zum Beispiel schwule Männer doppelt so häufig in Armut leben wie heterosexuelle Männer, verdoppelt sich die Zahl für bisexuelle Männer – das überraschte mich offensichtlich negativ. Besonders wenn man bedenkt, dass Bisexuelle den größten Teil der LGBT-Community ausmachen – satte 52 Prozent, nach einer Studie aus dem Jahr 2016 des Movement Advancement Project. Aber wir scheinen auch am wenigsten sichtbar zu sein – wo gibt es bisexuelle Bars oder Selbsthilfegruppen? Sie sind auffällig abwesend.

Das Schlimmste ist es, wenn die Leute sich weigern zu glauben, dass meine Sexualität überhaupt existiert. Noch am 24. Februar gab es auf Twitter das weltweite Thema: #BisexualMenExist, in dem – wie zu erahnen ist – bisexuelle Männer den lang gehegten Glauben widerlegten, wir seien fiktive oder imaginäre Wesen, die irgendwo nördlich von Narnia leben.

Die Idee, dass Sexualität ein Spektrum ist, ist erst seit kurzem akzeptiert, sodass noch immer im Jahr 2020, bisexuelle Männer das Bedürfnis verspüren müssen, unsere Existenz zu verteidigen.

Auffällig ist, dass bisexuelle Frauen nicht das gleiche Problem zu haben scheinen ihre sexuelle Identität als wirkliche Tatsache zu beweisen. Vermutlich liegt dies daran, dass heterosexuelle Männer (sprich: die patriarchalische Gesellschaft) die Idee begehrend finden, wenn zwei Frauen sexuell zusammen sind. Zwei Männer zusammen, erfüllen jedoch nicht das Begehren eines heterosexuellen Mannes, sodass beide Männer offensichtlich 100% homosexuell sein müssen. Ich meine, IST JEMAND 100% NUR DAS EINE ODER DAS ANDERE?! Diese binäre Teilung der Sexualität verwirrt mich und ich werde es, ehrlich gesagt, nie verstehen.

Ein weiterer Grund, warum ich denke, dass die Existenz bisexueller Männer manchmal in Frage gestellt wird, ist die große Abwesenheit an Repräsentation im Fernsehen und in den Medien. Entschuldigung, aber wo sind wir denn? In Australien, war jede Art von Repräsentation – und ich kann wirklich sagen jede – komplett abwesend.

Dies beginnt sich glücklicherweise, zusammen mit der Darstellung anderer queerer Identitäten, zu ändern. Plattformen repräsentieren in ihren Programmen zunehmend unterschiedliche Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten.

Um zum Schluss zu kommen, gibt es bisexuelle Männer? Ähh … Ja, schon. Werden wir manchmal ausgegrenzt und fühlen uns unsichtbar? Ja, das auch. Aber die Dinge verbessern sich.


Was macht diese Geschichte mit dir?

Follow-up

Do you have any questions after reading this story? Do you want to follow-up on what you've just read? Get in touch with our team to learn more! Send an email to
[email protected].

Unterhalte Dich über diese Geschichte

Please enable cookies to view the comments powered by Disqus.

Share your story

Every story we share is another perspective on a complex topic like migration, gender and sexuality or liberation. We believe that these personal stories are important to better understand what's going on in our globalised society - and to better understand each other. That's because we are convinced that the more we understand about each other, the easier it will be for us to really talk to one another, to get closer - and to maybe find solutions for the issues that affect us all. 

Do you want to share your story? Then have a look here for more info.

Share Your Story

Subscribe

Melde Dich an für unseren monatlichen Newsletter und bleibe up-to-date mit neuen Geschichten auf Correspondents of the World.

* indicates required

Folge Uns auf Social Media

Hal Fulcher

Hal Fulcher

Hal Fulcher accidentally shoplifted this scarf moments before this photo was taken. Upon realizing his mistake, he was too embarrassed to reenter the shop and instead enjoyed its warmth for several weeks before losing it at a cafe in Venice. He is 30-years-old, studied a Master in International Studies on Media, Power, and Difference at Universitat Pompeu Fabra in Barcelona and is currently enjoying the Manchester music scene. 

Mehr Geschichten auf Deutsch

Maria Sotiropoulou



Alle anzeigen

Mach mit

At Correspondents of the World, we want to contribute to a better understanding of one another in a world that seems to get smaller by the day - but somehow neglects to bring people closer together as well. We think that one of the most frequent reasons for misunderstanding and unnecessarily heated debates is that we don't really understand how each of us is affected differently by global issues.

Unser Ziel ist es, dies zu verbessern - und zwar mit jeder Geschichte, die wir teilen.

Teile Deine Geschichte

Community Weltweit

Correspondents of the World is not just this website, but also a great community of people from all over the world. While face-to-face meetings are difficult at the moment, our Facebook Community Group is THE place to be to meet other people invested in Correspondents of the World. We are currently running a series of online-tea talks to get to know each other better.

Werde Teil unserer Community

ERKUNDE THEMA Gender

Global Issues Through Local Eyes

We are Correspondents of the World, an online platform where people from all over the world share their personal stories in relation to global development. We try to collect stories from people of all ages and genders, people with different social and religious backgrounds and people with all kinds of political opinions in order to get a fuller picture of what is going on behind the big news.

Our Correspondents

At Correspondents of the World we invite everyone to share their own story. This means we don't have professional writers or skilled interviewers. We believe that this approach offers a whole new perspective on topics we normally only read about in the news - if at all. If you would like to share your story, you can find more info here.

Share Your Story

Our Editors

We acknowledge that the stories we collect will necessarily be biased. But so is news. Believing in the power of the narrative, our growing team of awesome editors helps correspondents to make sure that their story is strictly about their personal experience - and let that speak for itself.

Become an Editor

Vision

At Correspondents of the World, we want to contribute to a better understanding of one another in a world that seems to get smaller by the day - but somehow neglects to bring people closer together as well. We think that one of the most frequent reasons for misunderstanding and unnecessarily heated debates is that we don't really understand how each of us is affected differently by global issues.

Our aim is to change that with every personal story we share.

View Our Full Vision & Mission Statement

Topics

We believe in quality over quantity. To give ourselves a focus, we started out to collect personal stories that relate to our correspondents' experiences with six different global topics. However, these topics were selected to increase the likelihood that the stories of different correspondents will cover the same issues and therefore illuminate these issues from different perspectives - and not to exclude any stories. If you have a personal story relating to a global issue that's not covered by our topics, please still reach out to us! We definitely have some blind spots and are happy to revise our focus and introduce new topics at any point in time. 

Environment

Discussions about the environment often center on grim, impersonal figures. Among the numbers and warnings, it is easy to forget that all of these statistics actually also affect us - in very different ways. We believe that in order to understand the immensity of environmental topics and global climate change, we need the personal stories of our correspondents.

Gender and Sexuality

Gender is the assumption of a "normal". Unmet expectations of what is normal are a world-wide cause for violence. We hope that the stories of our correspondents will help us to better understand the effects of global developments related to gender and sexuality, and to reveal outdated concepts that have been reinforced for centuries.

Migration

Our correspondents write about migration because it is a deeply personal topic that is often dehumanized. People quickly become foreigners, refugees - a "they". But: we have always been migrating, and we always will. For millions of different reasons. By sharing personal stories about migration, we hope to re-humanize this global topic.

Liberation

We want to support the demand for justice by spotlighting the personal stories of people who seek liberation in all its different forms. Our correspondents share their individual experiences in creating equality. We hope that for some this will be an encouragement to continue their own struggle against inequality and oppression - and for some an encouragement to get involved.

Education

Education is the newest addition to our themes. We believe that education, not only formal but also informal, is one of the core aspects of just and equal society as well as social change. Our correspondents share their experiences and confrontations about educational inequalities, accessibility issues and influence of societal norms and structures. 

Corona Virus

2020 is a year different from others before - not least because of the Corona pandemic. The worldwide spread of a highly contagious virus is something that affects all of us in very different ways. To get a better picture of how the pandemic's plethora of explicit and implicit consequences influences our everyday life, we share lockdown stories from correspondents all over the world.

Growing Fast

Although we started just over a year ago, Correspondents of the World has a quickly growing community of correspondents - and a dedicated team of editors, translators and country managers.

94

Korrespondenten

113

Geschichten

57

Länder

433

Übersetzungen

Contact

Correspondents of the World is as much a community as an online platform. Please feel free to contact us for whatever reason!

Schreibe uns eine Mail

[email protected]

Schreibe uns eine Nachricht

WhatsApp

Rufe uns an

Joost: +31 6 30273938