Just Do It - Meine Geschichte als Filmdirektor in den Slums von Nairobi
Ich sah, wie Reporter Mathare nicht richtig darstellen. Also beschloss ich, Filmemacher zu werden, um diese Darstellung zu korrigieren und meiner Leidenschaft zu folgen.
Kenya, East Africa
Eine Geschichte von Elijah Kanye. Übersetzt von Veronica Burgstaller
Veröffentlicht am December 19, 2020.
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Als ich gegen die Menschenmassen in Richtung des Hotels in Nairobi rannte, wo der Angriff stattfand, hatte ich keine Angst.[1] Wir waren die ersten Reporter am Tatort: ich, ein anderer Kameramann und ein Journalist. Zunächst konnten wir nicht erkennen, ob es sich um einen Terroranschlag oder einen Raubüberfall handelte. Wir sahen nur Leute, die vom Hotel wegrannten, während wir auf das Hotel zuliefen. Aber als wir zwei erschossene Menschen auf dem Boden liegen sahen, wurde uns klar, dass es sich um einen Terroranschlag handelte. Das Hotel war ein großes Gebäude und wir brauchten mindestens eine Wand hinter uns, die uns vor den Angreifern schützen konnte. Wenn ich mir die Aufnahmen heute ansehe, wird mir klar, dass diese Situation sehr gefährlich war und es wahrscheinlich keine so gute Idee gewesen ist, mein Leben für diese Aufnahmen auf das Spiel gesetzt zu haben. Wir hatten keine Schutzausrüstung dabei. Ich dankte Gott, dass wir heil herauskamen. Andere Leute haben nur aus der Ferne gefilmt. Ich ging direkt zum Platz und filmte die wahre Geschichte.
Als ich jung war, wollte ich ein professioneller Fußballspieler werden. Wie viele meiner Freunde in Mathare[2] wollte ich für unsere lokalen Vereine wie Mathare United oder Real Mathare spielen. Oder noch besser, für europäische Vereine wie Manchester United oder Real Madrid. Es gab nur einen richtigen Fußballplatz in der Nachbarschaft - das “Mathare Depot”. Dieses Feld gehörte meinen Freunden und mir; jahrelang waren wir die besten Spieler. Aus irgendeinem Grund mochten uns die Leute dafür nicht. Ich liebte es und wollte ein Leben in der Stadt führen, wie auf den Coca-Cola-Werbeplakaten geschildert wurde: "Eat football. Sleep football. Drink Coca-Cola." Aber die Situation in der Wirklichkeit stellte sich ganz anders heraus und ich musste einen neuen Sinn für mein Leben finden.
Ich sah, dass die Reporter den Kontext in Mathare nicht richtig verstanden. Wenn zum Beispiel irgendwo unten im Slum eine Schlägerei stattfindet, denken "Außenstehende", dass es zu gefährlich ist, dort hinunter zu gehen und die Gründe für die Schlägerei herauszufinden. Sie stellen es falsch dar. Also beschloss ich vor 13 Jahren, Filmemacher zu werden, um diese Darstellung zu korrigieren. Weil ich aus Mathare komme, kann ich zu diesen Orten gehen und genau filmen, was dort passiert. Da ich in meiner Jugend Fußball gespielt habe, kennen mich die Leute und vertrauen mir. Die einen nenen mich 'Elijah der Fußballspieler', die anderen 'Elijah der Filmemacher'.
Filme zu machen ist meine Leidenschaft: Ich bin persönlich motiviert, Geschichten aus meiner Gesellschaft - Mathare, zu erzählen. Ich möchte die wahre Geschichte ans Licht bringen. Normalerweise präsentiere ich positive Geschichten, denn zu viel Negativität kann einem zu Kopf steigen. Ich versuche aber immer, sachlich und ehrlich zu sein, denn mein Publikum verlässt sich auf mich als Reporter und als Filmemacher. Ein Beispiel ist, dass ich kürzlich über ernste Themen wie die Polizeigewalt im Zusammenhang mit COVID-19 hier in den Slums berichtet habe. Mit meinem Dokumentarfilm habe ich über die Situation in Mathare in den niederländischen NOS-Nachrichten, der BBC und anderen Sendern berichtet.[3]
Mein Traum ist es, eines Tages einen Dokumentarfilm über mein eigenes Leben zu machen. Ich hoffe, junge Menschen aus den Slums zu motivieren und ihnen den Glauben zu schenken, dass alles möglich ist, wenn sie wirklich wollen. Dass sie auch ein freies Leben führen können und sich selbst treu bleiben sollen. Just do it!
Fußnoten
[1] https://www.bbc.com/news/av/world-africa-47202313
[2] Mathare ist eine Ansammlung von Slums in Nairobi, Kenia mit ungefähr 500.000 Menschen
[3] Für mehr Informationen dazu: https://nos.nl/video/2346202-elijah-filmt-het-politiegeweld-in-zijn-sloppenwijk.html, und den BBC-Artikel hier: https://www.bbc.com/news/av/world-africa-53025934
[4] Elijah unterstützt bereits Menschen aus den Slums mit seiner Jugendinitiative Sauti. Junge Menschen werden von Mentoren betreut, um praktische Erfahrungen mit Filmen, Kunst und anderen Fähigkeiten zu sammeln. Damit sie das werden, was sie werden wollen. Für mehr Informationen dazu: https://www.facebook.com/watch/TVSauti/ oder https://www.youtube.com/watch?v=IFlrToASX3c&t=5s&ab_channel=SautiTv.
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